Demeter

Kronacker Blog

30
Jul

Unsere Hoftomate – Entwicklung einer Hofsorte Stand 2023

Als ich als Züchterin 2015 auf die Gärtnerei zurückkehrte, bestand der Wunsch von Rainer Merkt eine eigene Hoftomate zu züchten. Die Erwartungen waren hoch, da sie zu unsere besonderen biologisch- dynamischen Bedingungen und unserem mäßigen Düngeniveau, dem extremen Klima zwischen Moor und Geest und auf den Folientunnelanbau (Licht und Luftfeuchte anders als unter Glas) passen sollte.
Dazu sollte es eine große Küchentomate sein mit einem ausgewogenen, wenn möglich ausgeprägten Geschmack.
Und nicht zu vergessen - guter robuster Gesundheit, dh.: Bei uns keine Anfälligkeit für Cladosporium, geringe und späte Anfälligkeit für Botrytis, keine Disposition für Wurzelerkrankungen.
Die Sorte sollte nur aus der Gärtnerei heraus entwickelt werden. Da wir keine Anmeldung beim Bundessortenamt anstreben, wurde auch keine Kooperation und Finanzierung bei Kultursaat e.V. beantragt.
Ausgangsmaterial war ein Findling aus einer unserer Anbausorten, wahrscheinlich mit einer Einkreuzung. Sie war in der Gärtnerei schon zweimal vermehrt worden.
Darum ging ich 2015 davon aus, dass ich es wahrscheinlich mit einer F3 zu tun habe, so nennen Züchter die 3. Generation nach der Kreuzung. Und so war es auch. Ein lustiges Durcheinander von verschiedenen Blatttypen, kurze und lange Fruchtstände und kleine bis große Fruchtforme, Früh- bis Spätreifenden, verschiedene Rotfärbungen und sehr unterschiedliche Krankheitsanfälligkeiten. Mutter Natur zeigt sich von ihrer originellsten Seite. Zu hart urteilen darf man an diesem Punkt noch nicht. Die Pflanzen sind noch in der Findungsphase ihrer Gesamtkonstitution. Vor allem der Geschmack ist am Anfang noch nicht sehr gut ausgeprägt, trotzdem haben wir sie immer getestet auf ihre Bekömmlichkeit. Es gab Jahre der Krankheit, mit geringem Ertrag und Schwierigkeiten mit der Einheitlichkeit.

Das ist das, was Mensch und Pflanze miteinander durchstehen müssen, das ist der Kulturimpuls indem das lebendige Wesen Pflanze sich auf den Menschen und sein Handeln und Entscheiden einlässt. Für mich immer wieder ein Wunder, dass ein Lebewesen bereit ist von den eigenen Bedürfnissen Abstand zu nehmen um unsere menschlichen Bedürfnisse zu stillen. Und ich kann aus meiner züchterischen Erfahrung sagen, dass nicht jede Pflanze bereit ist, sich auf unsere sehr hohen Ansprüche einzulassen. Für eine Tomatenpflanze wäre ein stark verzweigender niedriger Wuchs mit möglichst vielen klitzekleinen Früchten, die hauptsächlich aus Samen bestehen, natürlicher. Es ist auch nicht so, dass ich die Pflanze durch die Auswahl zwinge, sondern es ist wie in einem guten Gespräch. Ich mache einen Vorschlag und es kommen Antworten aus dem Pflanzenreich. Die Phänomene gilt es lesen zu lernen.
Aus 9 einzelnen Pflanzen in 2015 wurde in 5 Jahren Einzelpflanzenselektion langsam ein richtiges Sortenbild. Das nun im Rückblick Pflanze Nr.1 so prägend war, war von uns nicht so angelegt, sondern ist das Ergebnis des Prozesses in dem die Pflanzen genauso beteiligt sind.

Sie ist eine leicht gerippte,2- 4 schulterige Frucht ( mit zwei Bäckchen) mit Zipfel, mittlere Rotfärbung, mittel bis große Früchte, einheitlicher Reifebeginn, robust gegenüber Cladosporium und Botrytis. stabiles etwas abgespreiztes Blatt, die Früchte hängen fest im Troß und fallen nicht mit guter Bepflückbarkeit. Geschmacklich ist sie eher süß mit geringer Säure, was aber von den meisten Verkostern als angenehm bewertet wurde. 2019 haben wir sie nun erstmals der Öffentlichkeit und unseren Kunden vorgestellt. Es gab sehr positive Rückmeldungen. Am Tag des offenen Hofes wollten zwei Besucher den Hof nicht verlassen, wenn sie nicht ein Kilo mitnehmen könnten. Das hat mich wirklich gerührt, dass sie so gut angenommen wurde. Vor allem im dritten späten Satz im Folientunnel hat sie uns im Anbau mit ihrer kernigen unverwüstlichen Natur überzeugt. Im Vergleichsanbau mit anderen Sorten hat sie sich bewährt.
Seitdem haben wir sie zunehmend in unseren Anbau aufgenommen und führen sie unter dem Namen: 

 "Kronackers Delieta"

Wir freuen uns sie ihnen am 12. August wieder präsentieren zu können, wenn wir gemeinsam unsere Sorten verkosten.

PS. Mittlerweile hat sie ein Geschwisterchen bekommen. Eine kleine gelbe Dattel-eierfrüchtige Tomate haben wir jetzt auch aus eigener Züchtung.







 
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